- Beschwerde an den Oberbürgermeister der Stadt Bonn
An den Oberbürgermeister
der Stadt Bonn
Stadthaus
53111 Bonn
Betr.:
Beschwerde über das eingestellte Verfahren zum Schutz des
Denkmalbereichs Beuel-Combahn
und
wegen des genehmigten
Abbruchs der denkmalwürdigen Häuser Rheindorfer Str. 15 und 17 in
Beuel – eilbedürftig wegen Gefahr im Verzug
Sehr geehrter
Herr Oberbürgermeister Sridharan,
seit einiger Zeit versuchen
wir als kleine Bürgerinitiative Combahnviertel, die vom Abriß
bedrohten Häuser Rheindorfer Str. 15 – 19 vor dem Abriß zu
bewahren.
Wir haben im Combahnviertel per Einwurf etwa 420
Unterschriften für den Erhalt und eine alternative Planung im Sinne
der Ortsbilderhaltung gesammelt und die Montana Baugesellschaft,
Eigentümer, darum gebeten ihre Planung zu ändern.
Die
Bürger sind allesamt entäuscht bis aufgebracht über diese
Zumutung, da eines der Häuser bereits Denkmal war (Nr. 17). Ein
Foto füge ich bei, damit auch Sie über das Ansinnen erschrecken.
Da
wir keine Unterstützung aus der Politik bekamen, haben wir uns näher
mit der rechtlichen Lage beschäftigt und sind auf interessante
Informationen gestoßen, die ich im folgenden teilweise darlegen
möchte.
Wir gehen davon aus, daß auch Sie persönlich einen
Bezug zum Denkmalschutz und der Ästhetik alter Häuser und Viertel
haben. Damit wirbt Bonn nicht mit Häusern wie in Tannenbusch!
Es
gibt in Bonn viele hochwertige Arbeitsplätze mit gut verdienenden
Angestellten, die sich die Hände nach solchen Häusern lecken, um
die dann liebevoll zu restaurieren und hier heimisch zu werden. Diese
Häuser sollen dieser Klientel, die doch an Bonn gebunden bleiben
soll nun entzogen werden.
Wir
beschweren uns hiermit über die fortgesetzte Missachtung der
Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) durch die Stadt Bonn.
Wir
fordern Sie auf wegen Gefahr im Verzug, sofort zu handeln und den
erlaubten Abriss der Häuser Rheindorfer Str. 15 und 17 in 53225 Bonn
durch die Montana Baugesellschaft zu untersagen.
Wir fordern die Stadt Bonn auf die Arbeit an der Denkmalbereichssatzung für das Combahnviertel entsprechend dem Denkmalpflegeplan und dem Gutachten von Frau Dr. Karen Künstler-Brandstädter aus dem Mai 2007 umgehend wieder aufzunehmen und verbindlich zu verabschieden, damit kein weiterer Schaden entstehen kann.
Es bestand Schutzpflicht für das Combahnviertel nach § 2 DSchG seit Existenz des Denkmalpflegeplans, da der Denkmalbereich Beuel-Combahn und seine Bestandteile dort gutachterlich und im Einvernehmen mit dem LVR beschrieben wurde; s.a. Plan des Stadtplanungsamtes (DR0512810ED3). Diese Schutzpflicht durch das Instrument Denkmalbereichssatzung hat das Stadtplanungsamt in allen seinen Einlassungen unterstrichen und verfolgt.
Die Fristen des § 5 Abs. 4 DSchG, die das Verfahren des angestoßenen Satzungsver-fahrens regeln, sind auf untragbare Weise überschritten und durch Sie zu vertreten. Das Stadtplanungsamt der Stadt Bonn hat den Vorgang der Erstellung einer Satzung am 26.10.2005 (DR 0611860) korrekt und konsequent angestoßen. Es folgte damit den Handlungszielen der eigenen vorbereitenden Planungen:
a)
dem Integrierten Handlungskonzept Beuel-Mitte
Bereits im Integrierter Handlungskonzept Beuel-Mitte der Stadt Bonn
(2002) empfiehlt Prof. Eberhardt (S. 27) Schutz in Form eines
Denkmalbereichs für das Combahnviertel,
b)
und dem für die Stadt Bonn selbstbindenden Denkmalpflegeplan Beuel.
Am 29.4.2003 wurde der Denkmalpflegeplan Beuel per
Ratsbeschluss verabschiedeten und damit verbindlich (DR
0310431).
Dieser umfängliche Masterplan zur Regelung der
Denkmalbelange im rechtsrheinischen Bonn-Beuel wurde von den
Professoren für Denkmalpflege Eberhard und Schöndeling in
Zusammenarbeit mit den Bonner Fachämtern für Stadtplanung und
Denkmalbelange, dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege, dem Denkmal-
und Geschichtsverein Rechtsrheinisch uvm. erarbeitet.
Neben acht
weiteren Ortsteilen wurde darin der Bereich des Combahnviertels als
zu schützenden Denkmalbereichs bezeichnet (Stadt Bonn: Plan
Denkmalbereich, 2005).
§ 25 Abs. 2 DSchG: „Der
Denkmalpflegeplan gibt die Ziele und Erfordernisse des
Denkmalschutzes und Denkmalpflege sowie die Darstellung und
Festsetzung in der Bauleitplanung nachrichtlich wieder.“ Zitat aus
dem Denkmalpflegeplan-Beuel : „Der
Denkmalpflegeplan wurde am 29.04.03 vom Hauptausschuss der Stadt Bonn
beschlossen.
Damit wird durch die politischen Gremien zum
Ausdruck gebracht, dass die im Denkmalpflegeplan formulierten Ziele
zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler in der
Stadtentwicklungsplanung bzw. Bebauungsplanung in angemessener Weise
von der Verwaltung berücksichtigt werden sollen.“
(Denkmalpflegeplan-Beuel
Als
weitere Vorarbeit wurde vom Stadtplanungsamt eine
Eigentümer-befragung durchgeführt. Die Resonanz bei den Eigentümern
wurde als positiv beschrieben.
Und am 1.8.2007 (DR 0611860NV7)
wurde die Beauftragung eines externen Gutachtens zur Überprüfung
der zu schützenden Häuser im Denkmalbereich beschlossen. In dieser
Vorlage des Stadtplanungsamtes wird festgehalten: “Dieser
Auftrag entspricht einem ersten Arbeitsschritt zur Erarbeitung der
Denkmalbereichssatzung. (…) Da wesentliche
Verfahrensschritte mit der Bürgerbeteiligung, der Untersuchung der
denkmalwerten Bausubstanz und eine von der Unteren Denkmalbehörde
erstellte Fotodokumentation vorliegen, (…).“
Am 14.11.2005 folgte eine Stellungnahme des Stadtplanungsamtes, in der es auf den seit 1982 erforderlichen Schutz des Combahnviertels hinwies (DR 0512810ST4, Abs. 2) und festhielt: “Das Verfahren zum Erlass der Denkmalbereichssatzung Beuel-Combahn soll jetzt eingeleitet werden.“ (ebd,.- Abs. 3). Beantragte Förder- und Eigenmittel in Höhe von 20.000 € standen auch zur Verfügung.
Zur Vollendung der Denkmalbereichssatzung Beuel-Combahnviertel fehlte allein die Detaillierung der Satzung. Diese wollte das Stadtplanungsamt abschließend selbst erstellen.
Auf Auftrag von Bezirksverordnetem Guido Deus et al. beschloss die Bezirksvertretung Beuel am 10.10.2007 die Denkmalbereichssatzung gänzlich aufzugeben.
Der Rat der Stadt Bonn bestätigte diesen Beschluss am 6.12.2007 (DR 0611860AA2, DR 0611860EB10 und DR 0611860NV7).
Diese
Beschlüsse erfolgten unter Missachtung bzw. in Unkenntnis der
Rechtslage.
„Denn
Denkmalschutz, auch für Denkmalbereiche, ist eine Pflichtaufgabe zur
Erfüllung nach Weisung, eine staatliche auf die Kommunen übertragene
Aufgabe ohne eigene
Entscheidungskompetenz, ob eine Satzung erlassen wird.“
(Janßen-Schnabel, E., S.20).
Die Aufgabe der Denkmalbereichssatzung durch die Stadt Bonn war unwirksam, da die Bezirksvertretung Beuel nur beratend teilnahm und der Hauptausschuss der Stadt Bonn deshalb über die Aufgabe des begonnen Projektes (Pflichtaufgabe) nicht politisch entscheiden konnte. Auch hätten keine anderen Möglichkeiten mehr gewählt werden können, da gutachtlich zweifelsfrei festgestellt worden war, dass es sich beim Combahnviertel um einen Denkmalbereich handelt.
Auch im Hauptausschuß konnte kein rechtswirksamer Beschluß zur Aufgabe einer Pflichtaufgabe gefaßt werden. Dies hätte der Oberbürgermeister sofort monieren müssen und das Verfahren zur Erstellung einer Denkmalbereichssatzung umgehend fortführe müssen.
Darüber
hinaus wurde dann 13 Jahre lang nichts mehr unternommen, um der
Pflicht zum Schutz des Denkmalbereichs nachzukommen, geschweige denn
den eigenen Vorgaben des Denkmalpflegeplans zu folgen.
Die
Stadt Bonn ignorierte das DSchG schlichtweg. Die angeblichen
Alternativen zum Schutz, wie Guido Deus et al. in ihrem Antrag
formulierten, wurden erst gar nicht versucht. Es ging also nicht
um Erhalt, sondern nur um Verhinderung!
Wieso die Fachämter
an dem Projekt, das sie verfolgen mussten, nicht weitergearbeitet
haben, bleibt im Verborgenen. Es ist von unzulässiger politischer
Einflussnahme auszugehen. „Isch han et verjässe her Löhrer!“
zählt wohl nicht.
Auf jeden Fall hätte neben dem Oberbürgermeister die Kommunalaufsicht bzw. Obere Denkmalbehörde bei der Bezirksregierung Köln schon damals einschreiten müssen, indem sie die Stadt Bonn auf ihre Pflichtaufgaben hinwies. Auf diese waren die Ratsmitglieder im Übrigen ausdrücklich vom Stadtplanungsamt in der Stellungnahme vom 14.11.2005 hingewiesen worden (DR 0512810ST4 Abs. 1).
Die Stadt Bonn hat durch den Beschluss vom 6.12.2007 und ihr nachfolgendes Ver-halten eindeutig belegt, dass sie unwillig ist, dem DSchG Folge zu leisten. Sie wurde durch das eigene Planungsamt über die Erfordernisse des § 5 DSchG auch über den Abs. 4 belehrt. Daher hätte der Schutz des Denkmalbereichs durch die Obere Denkmalbehörde spätestens Ende 2008 erzwungen werden müssen. Heute muss dies fristlos zur Abwehr von Gefahren (Abriss schützenswerter Häuser Nr. 15 und 17) erfolgen!
Der Abriss der durch die überfällige Denkmalbereichssatzung als schützenswert definierten Häuser Rheindorfer Str. 15 und 17 würde erst gar nicht zum Thema geworden sein, wenn der Oberbürgermeister bzw. das Rechtsamt sofort gehandelt hätte bzw. die Obere Denkmalbehörde rechtzeitig ihren Aufsichtspflichten nachgekommen wäre und der Stadt Bonn spätestens im Jahre 2008 die Vollendung ihrer im Verfahren schon fast fertigen Denkmalbereichssatzung auferlegt hätte.
Für Arbeiten im Rahmen des Projektes Denkmalbereichssatzung wurden 14.000 € Landesmittel und 6000,- € Eigenmittel eingesetzt. Das war bislang für den Schornstein.
Darüber
hinaus ergibt sich aus § 2 des DSchG eindeutig, dass Objekte
des Denkmalschutzes zu schützen sind, sobald ihr Wert absehbar oder
festgestellt wurde. Dies wurde spätestens mit dem vorliegenden
Gutachten im Mai 2007 festgestellt. Also Mai 2007.
Für die
schützenswerten Häuser Nr. 15 und 17 lag bis vor Kurzem eine
Sicherungseintragung von 1977
für das Land NRW im Grundbuch vor. Ein denkmalpflegerisches
Gutachten, dass den Abriss rechtfertigen würde, liegt nicht vor.
Die vorliegenden oberflächlichen und nichtssagenden Äußerungen
zum Denkmalwert seit 1980 spiegeln keine Sachkunde wieder; sie sind
deshalb zu verwerfen und durch ein Fachgutachten eines externen
unabhängigen Gutachters, der ggf. vom Denkmal- und Geschichtsverein
Bonn Rechtsrheinisch beauftragt werden würde, zu ersetzen.
Kenntnisse aus den Unterlagen sollen dabei auf die reinen
Sachinformationen über das Haus ohne jede wertende Tendenz
beschränkt bleiben. Damit soll die Unabhängigkeit und weitgehende
Objektivität des Urteils gewährleistet werden.
Auch wird im
laufenden Baugenehmigungsverfahren nach BauO
NRW i.V.m. mit § 34 Baugesetzbuch keine Rücksicht auf
den Denkmalschutz in der Umgebung genommen, wie es das DSchG und die
Stadt selber fordern: „Bei verschiedenen
Baudenkmälern ist es deutlich angeraten, die „Umgebung“ größer
zu fassen und hierbei insbesondere die gegenüberliegende
Straßenseite mit einzubeziehen.“ (Denkmalpflegeplan-Beuel, S. 6.) In der direkten Umgebung befinden
sich die Baudenkmäler Rheindorfer Str. 1 und 12 (Gutachten
Künstler-Brandtstädter, S.3).
Auch der Denkmalpflegeplan hat erhebliche Fremd- und Eigenmittel verschlungen, ohne daß ein Nutzen erkennbar wäre. Auch im Schornstein gelandet, da nicht berücksichtigt.
Wegen der Dringlichkeit
(Abrissbeginn vermutlich 16.3.2020 nach Auszug des letzten
Mieters)bitten wir Sie sofort zu handeln, zuerst den Abriß zu
untersagen und die Bauplanung einzufrieren, bis alle Denkmalbelange
berücksichtigt werden.
Da die Denkmalbereichssatzung zwingend
erstellt werden muß, müssen auch die dazu gehörenden Häuser
erhalten werden. Die Stadt wird sich also zur Befriedung der
Situation als „Sühne“ möglichen Schadenersatz an die Montana
Baugesellschaft leisten müssen, um eine denkmalgerechte Planung zu
bewirken.Allerdings dürfte sich der Betrag, wenn überhaupt, in
Grenzen halten.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie Mittel und Wege finden würden das Beuel und vor allem das Combahnviertel zu befrieden.
mit freundlichem Gruß
für die BI Combahnviertel
Wolfgang Linnemann
Quellen und Literatur:
Stadt Bonn: DR 0310431, Beschluss Denkmalpflegeplan Beuel:
Denkmalpflegeplan Beuel: https://docplayer.org/5875961-Denkmalpflegeplan-bonn-beuel.html
Stadt Bonn: Integriertes Handlungskonzept Beuel-Mitte, 2002 : http://epflicht.ulb.uni-bonn.de/content/titleinfo/68917
Stadt Bonn: Plan Denkmalbereich Stadtplanungsamt, (DR 0512810ED2) 2005
Stadt Bonn: Einleitung des Verfahrens einer Denkmalbereichssatzung (DR0512810ST4)
Stadt Bonn: Plan des Stadtplanungsamtes (DR0512810ED3)
Karen Künstler-Brandstädter: Gutachtlicher Bericht gegenüber der Stadt Bonn zur Überprüfung des Denkmalwerts von Gebäuden im Combahnviertel, Mai 2007 (DR 0611860DB8)
Denkmalbereiche im Rheinland, bearb. v. Elke Janßen-Schnabel, hrsg. von Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke, LVR-ADR, 2016
Zusätzlich
Informationen über das Verfahren sind im alten Bonner
Ratsinformationssystem (BO-RIS) unter den Drucksachennummern 0611860,
0512810 und 0310431 zu
finden.
https://www2.bonn.de/bo_ris/ris_sql/agm_index.asp?e_content=1000&e_register=0